Fotos: Pia Neuenschwander

Hier bekommt dein zukünftiges Ich eine Chance

Durch Learn4Life erhält jeder Zugang zu Bildung und Erfolg.

Grosse Klassen, hohe Anforderungen an Selbstlernkompetenzen und Stressresistenz in der integrativen Regelschule – schwierige Umstände zu Hause oder schlicht das Fehlen sinnvoller Lernstrategien: Schüler:innen fühlen sich zunehmend überfordert und suchen ausserschulische Unterstützung. Diese können sich aber oft nur gut betuchte Familien leisten. Dass es auch anders geht, zeigt die Non-Profit-Organisation Learn4Life, mit der die Katholische Kirche Region Bern im Rahmen ihres Fokusthemas Chancengleichheit zusammenarbeitet. Eine Erfolgsstory!

Isabelle Flury

 

Mittwochnachmittag, 13.30 Uhr: Das Katholische Kirchgemeindezentrum Ostermundigen wird zum Lernstudio. Schüler:innen unterschiedlichen Alters trudeln ein, während im Hintergrund Musik läuft und zwei Lerncoaches sich bereitmachen. 2023 hat Learn4Life hier das zweite Lernstudio eröffnet – der Hauptstandort ist Köniz. Ich treffe Geschäftsführer Stefan Stuck, um mit ihm über seinen Traumjob zu sprechen, wie er es nennt. Zusammengefasst ist Learn4Life professionelle Lernförderung zu fairen Preisen. Mit einem Lerncoach pro drei Schüler:innen, viel Zeit und einer lockeren Atmosphäre. Dabei geht es nicht nur um Schulstoff-Vermittlung, sondern darum, zu lernen, wie man lernt und das Ganze mit Sinn, Spass und Freude zu verbinden. Damit das zukünftige Ich der Kids eine Chance bekommt. Fast 400 Schüler:innen besuchen Learn4Life wöchentlich, und es werden laufend mehr.

Das Lerncoachingangebot ist eines von vielen in Bern und Umgebung. Aber eines der wenigen, das sich alle leisten können. Ein professionelles Nachhilfesetting kostet schnell einmal 50 Franken pro Stunde. Für viele Familien schlicht unerschwinglich. «Das widerspricht dem Gedanken der Chancengerechtigkeit » schreibt Stefan Wittwer, Geschäftsführer der Lehrergewerkschaft Bildung Bern «denn Bildung ist der wichtigste Rohstoff der Schweiz und sollte allen gleichermassen zugänglich sein». Davon ist auch Stefan Stuck überzeugt: «Die 17 Franken pro Stunde, die wir verlangen, können sich fast alle leisten. Und wo es nicht geht, arbeiten wir mit dem Sozialamt zusammen. So haben wir bisher immer eine Lösung gefunden».

Die Katholische Kirche Bern unterstützt uns grosszügig

Wie hält Learn4Life den Stundenansatz so tief? «Unter anderem, weil wir von der Katholischen Kirche Bern grosszügig unterstützt werden. Und weil wir extrem effizient organisiert sind. Unsere Administration ist durch und durch digital – dadurch sind unsere Overhead-Kosten auf ein Minimum reduziert». Natürlich will sich Learn4Life künftig selbst finanzieren. Und mit jedem zusätzlichen Schüler kommt man diesem Ziel etwas näher. «Ohne die Katholische Kirche Bern ständen wir aber nicht da, wo wir heute sind», das ist für Stefan Stuck klar.

Die Kids erreichen hier Dinge, die für sie unvorstellbar waren

Der Berner könnte locker eine viel besser bezahlte Arbeit annehmen. Aber: «Ich sehe, wie die Kids bei uns aufblühen. Sie spüren, dass wir echtes Interesse an ihnen haben. Viele werden sonst doch von niemandem wirklich gesehen. Die Lehrer sind überlastet, die Eltern arbeiten und sind gestresst, zuhause gibt es zu wenig Platz zum Lernen ... Bei uns haben die Kids einen sicheren Hafen und fangen an, sich selbst und ihre Stärken zu entdecken. Und wenn sie dann mit ihren guten Noten vor mir stehen, geht mir einfach das Herz auf. Ich kann mir keine erfüllendere Arbeit vorstellen»! Learn4Life – eine wunderbare Initiative, die die Katholische Kirche Bern seit vielen Jahren unterstützt.

 

Eine ehemalige Schülerin und ein ehemaliger Schüler berichten:

Ehemaliger Schüler Raminth Yogeswaran (1996), Ausbildung: Fachangestellter Gesundheit, Radiologe, Informatiker Systemtechnik EFZ

«Die Türen sind immer offen. Egal, was passiert»

Raminth war zweimal Schüler von Learn4Life. Im Sommer 2023 hat er seine dritte Ausbildung abgeschlossen und ist seither als Informatiker tätig. «Als Schüler habe ich oft nicht ganz verstanden, worum es geht. Logisch, kann man dann die Aufgaben nicht richtig lösen und kriegt schlechte Noten. Die Schule hat mich gestresst, und meine Eltern waren unzufrieden. Dann sind wir auf Learn4Life gestossen. Von da an sind nicht nur meine Noten gestiegen – ich bekam mehr Selbstvertrauen und habe verstanden, was ich brauche, um erfolgreich lernen zu können. Heute weiss ich, dass ich viel mehr erreichen kann, als ich dachte. Learn4Life bedeutet mehr als Schule und Lernen. Es ist wie eine grosse Familie. Hier versteht man sich, weil man im selben Boot sitzt. Man kann Freundschaften schliessen und fühlt sich gut aufgehoben. Und man weiss: Die Türen sind immer offen. Egal, was passiert.»

 

Ehemalige Schülerin Seraina Kistler (1997), Ausbildung: Matur, Pädagogische Hochschule Bern

«Die Lerncoaches wissen ganz genau, wer gerade was braucht»

Seraina arbeitet im dritten Jahr als Lehrerin, Schwerpunkt Vorschul- und Unterstufe und war bei Learn4Life nicht nur Schülerin, sondern auch Lerncoach: «Ich hatte Mühe in Mathe, aber dank Learn4Life schaffte ich es trotzdem ans Gymi. Danach habe ich an der Pädagogischen Hochschule Bern studiert und konnte nebenbei bei Learn4Life als Lerncoach arbeiten. Die Unterschiede zur Regelschule sind gross. In der Regelschule haben wir grosse Klassen und manchmal zu wenig Zeit, um individuell auf alle Kids einzugehen. Bei Learn4Life ist es ruhiger, familiärer, jeder kann in seinem Tempo arbeiten und die Lerncoaches wissen ganz genau, wer gerade was braucht. Ich habe mich immer sehr gefreut, bei Learn4Life zu arbeiten, und kann es von ganzem Herzen empfehlen».

Mehr zu Learn4Life gibt es HIER.

 

Fokusthema Chancengleichheit: Personen mit einem kleinen Bildungsrucksack sind viel häufiger von Erwerbslosigkeit und Armut betroffen als gut Gebildete. Dabei sind junge Erwachsene am stärksten gefährdet – oft aufgrund vererbter Bildungsnachteile, weil sie das Schulsystem überfordert oder der Übergang von der Schule ins Erwerbsleben schwerfällt. Deshalb setzt sich die Katholische Kirche Bern stark für die Chancengleichheit in der Bildung ein – von 2022 bis Ende 2025 mit insgesamt 750 000 Franken.

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