Kardinal Victor Manuel Fernandez steht dem Dikasterium für die Glaubenslehre vor. Foto: keystone/sda

Weltsynode: Absage an Weiheämter für Frauen?

Zum Synodenbeginn: Vatikan nimmt Reformern den Wind aus den Segeln. Oder doch nicht?

Obschon der Papst die Frauenfrage ausgelagert hat, hoffen reformorientierte Synodale, das Thema doch auf die Agenda zu bringen. Der Vatikan scheint das nicht zu wollen und erteilte dem Frauendiakonat bei der Eröffnung eine Absage. Stutzig macht, dass verschiedene Versionen der Rede zum Thema zirkulieren. Welche stimmt?

Annalena Müller

Vor Beginn der Synode war gerätselt worden. Wird es Möglichkeiten geben, doch noch Einfluss auf die Frauenfrage zu nehmen? Aus dem Dikasterium für die Glaubenslehre – Hüter der katholischen Lehre – kam just zu Eröffnung der Synode die Antwort: Nein. Zumindest suggeriert das die offizielle englische Übersetzug des Redemanuskript von Kardinal Victor Manuel Fernandez, dem Präfekten des Dikasteriums für Glaubensfragen. Der italienische Wortlaut seiner Rede lässt hingegen Raum für Interpretationen.

Angstthema Frauenfrage

Im Februar hatte Papst Franziskus mitgeteilt, dass Studiengruppen über die besonders strittigen Themen der Synodenversammlung 2023 beraten sollten. Die Frauenfrage wurde der Studiengruppe 5 zugewiesen. In der finalen Etappe der Weltsynode sollten diese Themen nicht mehr diskutiert werden.

Bei reformorientierten Synodalen sorgte dieser Schritt für Irritationen. Im  Interview mit dem «pfarrblatt» zeigte sich die Schweizer Synodale Helena Jeppesen-Spuhler besorgt, dass mit dem Auslagern der Frauenfrage, ein Kernanliegen der Schweizer Kirche auf Eis gelegt werden solle.

Im Keim erstickt?

Im selben Interview äusserte Jeppesen-Spuhler die Hoffnung, dass die Synode trotzdem Einfluss nehmen könne. Beispielsweise, indem die Synodalen auf die vorab angekündigten Zwischenberichte der Kommissionen reagieren und gegebenenfalls Änderungen fordern würden. Der Vatikan scheint genau das nicht zu wollen.

 

Bei der Eröffnung der Synode am 2. Oktober wurden kurze Filme gezeigt, die die Studiengruppen vorstellten. Zum vielleicht wichtigsten, weil umstrittensten Thema, der Arbeit der Studiengruppe 5, sprach Kardinal Victor Manuel Fernandez, Vorsitzender des Dikasteriums für die Glaubenslehre.

In der offiziellen englischen Übersetzung, die der Vatikan Journalist:innen zugänglichen macht, erteilt Kardinal Fernandez der Hoffnung auf die Öffnung des Diakonats für Frauen eine klare Absage. Dort heisst es: «Das Dikasterium ist der Ansicht, dass es noch keinen Raum für eine positive Entscheidung des Lehramtes über den Zugang von Frauen zum Diakonat, verstanden als ein Grad des Weihesakraments, gibt.»

Lehramtliches Dokument angekündigt

Kardinal Fernandez kündigt ausserdem ein lehramtliches Schreiben zu dem Thema an, welches die folgenden Themen prüfen und untersuchen wird:

  1. die Besonderheit der sakramentalen Vollmacht; die Beziehung zwischen der sakramentalen Vollmacht (insbesondere derjenigen, die sich aus der Befähigung zur Spendung der Eucharistie ergibt) und den kirchlichen Diensten, die für die Pflege und das Wachstum desheiligen Volkes Gottes im Hinblick auf die Mission erforderlich sind;
  2. den Ursprung der Ämter;
  3. die charismatische Dimension des kirchlichen Lebens;
  4. kirchliche Funktionen und Dienste, die nicht das Weihesakrament erfordern;
  5. die Weihe als Verpflichtung zum Dienst; und die Probleme, die sich aus einer falschen Auffassung der kirchlichen Autorität ergeben.

Italienische Version offener

In seiner Rede, die der Kardinal auf italienisch hielt, formuliert Fernandez offener: «Am Horizont steht die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat, wobei auch die Arbeit der beiden eingesetzten Kommissionen berücksichtigt wird, deren nützlichste Schlussfolgerungen in dem Dokument bekannt gemacht werden.

Wir sind uns der öffentlichen Position des Papstes bewusst, dass er die Frage nicht für ausgereift hält. Die Möglichkeit für weitere Studien bleibt offen, aber nach Ansicht des Heiligen Vaters müssen noch andere Fragen untersucht und gelöst werden, bevor er vorschnell von einem möglichen Diakonat für einige Frauen spricht.

Andernfalls wird der Diakonat zu einer Art Trostpflaster für einige Frauen, und die entscheidendere Frage der Beteiligung von Frauen in der Kirche bleibt vernachlässigt.»

Unklar ist, welche Aussage gilt. Die, welche der Vatikan offiziell an Journalist:innen ausgibt oder die Worte des Kardinals. Das «pfarrblatt» veröffentlicht beide Versionen in deutscher Übersetzung.

Der Report von Kardinal Manuel Fernandez im Wortlaut basierend auf dem offiziellen englischen Dokument

2. Oktober 2024

VORSTELLUNG DER BERICHTE DER 10 VON PAPST FRANZISKUS EINGESETZTEN ARBEITSGRUPPEN

Gruppe 5

Einige theologische und kirchenrechtliche Fragen in Bezug auf bestimmte Amtsformen (SR 8 und 9)

1.
Im Dialog mit dem Generalsekretariat der Synode hat das Dikasterium für die Glaubenslehre beschlossen, mit der Ausarbeitung eines Dokuments zu dem der Studiengruppe 5 zugewiesenen Thema fortzufahren.

Um das Thema der Stellung der Frau in der Kirche und ihrer Beteiligung an Entscheidungsprozessen und an der Leitung von Gemeinschaften zu vertiefen, wird das Dikasterium in dem Dokument folgende Themen prüfen und untersuchen: die Besonderheit der sakramentalen Vollmacht; die Beziehung zwischen der sakramentalen Vollmacht (insbesondere derjenigen, die sich aus der Befähigung zur Spendung der Eucharistie ergibt) und den kirchlichen Diensten, die für die Pflege und das Wachstum des heiligen Volkes Gottes im Hinblick auf die Mission erforderlich sind; den Ursprung der Ämter; die charismatische Dimension des kirchlichen Lebens; kirchliche Funktionen und Dienste, die nicht das Weihesakrament erfordern; die Weihe als Verpflichtung zum Dienst; und die Probleme, die sich aus einer falschen Auffassung der kirchlichen Autorität ergeben.

Besonderer Raum wird der Rückbesinnung auf und dem Wiederaufgreifen einiger eigener Einsichten von Papst Franziskus gewidmet, insbesondere aus Evangelii Gaudium, 103-104, Querida Amazonia, 99-103, und Antiquum Ministerium, 3.

2. Im Kontext dieser umfassenderen Überlegungen über die sakramentale Macht, die kirchlichen Ämter und die charismatische Dimension der Kirche wird es leichter sein, der dringenden Frage der Beteiligung von Frauen am Leben und an der Leitung der Kirche die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu gehört auch die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat.

In Bezug auf das letztgenannte Thema möchten wir gleich zu Beginn darauf hinweisen, dass auf der Grundlage der bisher durchgeführten Analyse - die auch die Arbeit der beiden von Papst Franziskus eingesetzten Kommissionen zum Diakonat der Frau berücksichtigt (deren nützlichste Schlussfolgerungen

Das Dikasterium ist der Ansicht, dass es noch keinen Raum für eine positive Entscheidung des Lehramtes über den Zugang von Frauen zum Diakonat, verstanden als ein Grad des Weihesakraments, gibt. Der Heilige Vater selbst hat diese Überlegung kürzlich öffentlich bestätigt. Auf jeden Fall hält das Dikasterium die Möglichkeit offen, die Arbeit an einer eingehenden Studie fortzusetzen.

3. Dennoch hat die bisher vom Dikasterium durchgeführte Studie einen besonders interessanten Weg eingeschlagen: die eingehende Analyse des Lebens einiger Frauen, die - sowohl in der frühen als auch in der jüngeren Geschichte der Kirche - echte Autorität und Macht zur Unterstützung der kirchlichen Mission ausgeübt haben. Diese Autorität oder Macht war nicht an die sakramentale Weihe gebunden, wie es zumindest heute bei der Diakonatsweihe der Fall ist. Das ist richtig. Dennoch kann man in einigen Fällen erkennen, dass es sich um eine "Ausübung" von Macht und Autorität handelte, die von großem Wert war und für die Vitalität des Gottesvolkes fruchtbar war. Es geht also darum, die Überlegungen über die Ausweitung der Amtsdimension der Kirche im Lichte ihrer charismatischen Dimension zu vervollständigen, indem man die Anerkennung von Charismen oder die Einrichtung von Rollen des kirchlichen Dienstes vorschlägt, die - obwohl sie nicht direkt mit der sakramentalen Macht verbunden sind - in den Sakramenten der Taufe und der Firmung verwurzelt sind.

Auf diese Weise will das Dikasterium das Leben von Persönlichkeiten wie Mathilde von Canossa mit ihrer tatkräftigen Unterstützung des Papsttums, Hildegard von Bingen mit ihren hochfliegenden Darbietungen polyedrischer Genialität, ihrer Leitung einer klösterlichen Gemeinschaft und ihrer intensiven pastoralen Arbeit näher untersuchen; Bridget von Schweden mit ihrer ständigen Sorge um die Ärmsten; Katharina von Siena mit ihrer kühnen evangelischen Parresie; Jeanne d'Arc mit ihrem großzügigen Engagement für ihr Volk; Teresa von Ávila mit ihrem Beitrag zur katholischen Reformation und zur Mystik; Juana Inés de la Cruz mit ihrem politischen und literarischen Einfluss; Mama Antula mit ihrer unermüdlichen Leidenschaft für Bildung und Predigt; Elizabeth Ann Seton mit ihrem Engagement für die Erziehung junger Frauen; Maria Montessori mit ihren ihrer Zeit vorausweisenden Einsichten im Bereich der Erziehung; Armida Barelli mit ihrem großen Engagement für die katholischen Laien; Dorothy Day mit ihrem prophetischen Einsatz für soziale Fragen; Madeleine Delbrêl mit ihrer tiefen mystischen Spiritualität; und viele andere Frauen, die einen bedeutenden Beitrag zum Leben des Volkes Gottes geleistet haben. Ebenso wichtig wird es sein, den Frauen zuzuhören, die heute eine führende Rolle im Volk Gottes und in den Kirchen, denen sie angehören, einnehmen.

Im Lichte dieser schönen Zeugnisse erhält die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat eine andere Perspektive. Gleichzeitig kann die eingehende Untersuchung ihres vielfältigen christlichen Zeugnisses dazu beitragen, sich heute neue Formen des Dienstes vorzustellen, die "noch umfassendere Möglichkeiten für eine prägnantere weibliche Präsenz in der Kirche schaffen können" (EG, 103).

4. Das Dikasterium wird sich bei der Ausarbeitung des Dokuments auf seine eigenen Strukturen stützen (Lehramt, Congresso, Consulta Ristretta, die Ordentliche Versammlung der Mitglieder des Dikasteriums, d.h. die "Feria IV"). Letztendlich wird das Dokument dem Papst zur Bewertung und Genehmigung vorgelegt.


Übersetzung der italienschen Rede des Kardinals

Im Dialog mit dem Generalsekretär der Synode und auch auf Wunsch des Heiligen Vaters möchte die Glaubenslehre die Frage nach dem Platz der Frauen in der Kirche und insbesondere nach ihrer Beteiligung an Entscheidungsprozessen und der Leitung von Gemeinschaften theologisch vertiefen.

Unter anderem werden wir die Beziehung zwischen sakramentaler Macht und Laienämtern, den Ursprung der Ämter, die charismatische Dimension des kirchlichen Lebens, die Funktionen der kirchlichen Ämter, die keine geistliche Ordnung erfordern, die geistliche Ordnung als Dienst am Reichtum der Charismen und das Problem eines falschen Autoritätsverständnisses untersuchen. Einige wenig beachtete Einsichten von Papst Franziskus werden aufgegriffen, insbesondere Evangelii Gaudium 103-104, Querida Amazonia 99-103 und Antiquum ministerium 3.

Am Horizont steht die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat, wobei auch die Arbeit der beiden eingesetzten Kommissionen berücksichtigt wird, deren nützlichste Schlussfolgerungen in dem Dokument bekannt gemacht werden.

Wir sind uns der öffentlichen Position des Papstes bewusst, dass er die Frage nicht für ausgereift hält. Die Möglichkeit für weitere Studien bleibt offen, aber nach Ansicht des Heiligen Vaters müssen noch andere Fragen untersucht und gelöst werden, bevor er vorschnell von einem möglichen Diakonat für einige Frauen spricht.

Andernfalls wird der Diakonat zu einer Art Trostpflaster für einige Frauen, und die entscheidendere Frage der Beteiligung von Frauen in der Kirche bleibt vernachlässigt.

Die in den letzten Monaten durchgeführte Studie hat einen besonders interessanten Weg aufgezeigt, nämlich die eingehende Analyse des Profils bestimmter Frauen, die in der antiken und jüngeren Geschichte echte Autorität und Macht zugunsten der Mission ausgeübt haben. Es handelt sich dabei nicht um eine Autorität, die mit dem Empfang der heiligen Weihen verbunden ist, sondern um eine echte Ausübung von Autorität, die für das Volk Gottes sehr fruchtbar ist, vielleicht entscheidender als die begrenzten Aufgaben einer Diakonin.

Es handelt sich um eine Reflexion über die Ausweitung der Amtsdimension der Kirche, aber immer im Lichte ihrer charismatischen Dimension, die in der Lage ist, ...hoest.... die Anerkennung von Charismen und Institutionen des Dienstes, die nicht notwendigerweise mit sakramentaler Macht verbunden sind.

Denken wir an Figuren wie Mathilde von Canossa, Hildegard von Bingen, Bridget von Schweden, Katharina von Siena, Jeanne d'Arc, Teresa von Avila, Juana Inés de la Cruz, Mama Antula. Denken Sie an (Elizabeth) Ann Seton, Maria Montessori, Dorothy Day, Madeleine Debrêl. Ebenso wird es notwendig sein, an Frauen zu denken, die heute an vergessenen Orten der Welt Bezugs- und Führungsrollen innehaben.

Wir sind Ihnen dankbar, wenn Sie dem Dikasterium einige wenig bekannte, aber bedeutende Fälle in Afrika, Indonesien und überall sonst schicken. Nicht um die Reflexion mit diesen Beispielen zu verschönern, sondern um der pastoralen Praxis die Möglichkeit zu geben, Wege zur Vertiefung zu eröffnen, das heißt, als theologische Orte.

Im Lichte dieser Zeugnisse wird die Frage des Zugangs zum Diakonat neu gestellt und wir versuchen, die Räume für eine entschiedenere weibliche Präsenz zu erweitern. Wir danken Ihnen.

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