Der Grünspecht hackt sein Nest in einen Baumstamm. Wer alte Bäume mit dicken Stämmen stehen lässt, tut ihm also einen Gefallen. Foto: Phil Baum, unsplash.com

Viele Vögel sind – noch – da

Die Schweizerische Vogelwarte Sempach zeigt auf, wie die Vogelvielfalt gefördert werden kann.

«Heilige Vielfalt» lautet das Motto der diesjährigen Schöpfungszeit.  Die Schweizerische Vogelwarte in Sempach zeigt auf, wie eine Vielfalt an Vögeln in Gärten, auf Friedhöfen oder an Gebäuden gefördert werden kann.

Sylvia Stam*

«Mauersegler jagen ihre Beute hoch in der Luft, sie ernähren sich von Mücken und Fliegen», sagt Carine Hürbin, Mediensprecherin der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach. Wer seinen Garten so anlegt, dass Fliegen und Mücken darin Nahrung finden, tut somit auch etwas für den Mauersegler. «Ein Insektenfreundlicher Garten ist auch vogelfreundlich», so Carine Hürbin. Sie freut sich über das Motto, das der Verein «Oekologie und Kirche» (oeku) für die diesjährige Schöpfungszeit im Monat September festgelegt hat: «Heilige Vielfalt».

Der Mensch profitiert

Die Vielfalt der einheimischen Vogelwelt für künftige Generationen zu bewahren, ist auch das Ziel der Vogelwarte. Dazu erforscht sie die wild lebenden Vögel und setzt sich für ihren Schutz ein. 40 Prozent der Schweizer Vogelarten stünden auf der Roten Liste der Brutvögel. Der Mauersegler gilt bislang erst als «potenziell gefährdet».

Schutz braucht auch die Feldlerche. «Sie nistet am Boden. Wenn ein Feld dicht mit Mais oder Weizen bepflanzt ist, hat sie zu wenig Platz, um sich zu bewegen. Beim Mähen werden die Nester mit den Jungen oft zerstört.» Weniger häufig oder später zu mähen, wenn die Jungen das Nest bereits verlassen haben, wäre hilfreich. Die Vogelwarte sucht hier das Gespräch mit   Landwirt:innen, damit genügend Junge überleben, um die Art zu erhalten.


Vielfalt als Wert an sich

Warum aber ist es wichtig, dass möglichst viele Arten erhalten bleiben? Carine Hürbin nennt zwei Argumente: Zum einen geht es um zusammenhängende Ökosysteme, die über Jahrtausende entstanden sind. «Auch der Mensch profitiert davon: Insekten bestäuben Blüten, die zu Früchten werden. Vögel, die Insekten fressen, regulieren den Insektenbestand.» Diese Vögel wiederum seien Nahrung für Füchse oder Marder. Das zweite Argument ist eher ein kulturell-ästhetisches: «Die Vielfalt ist ein Wert an sich», sagt Hürbin, und ist damit nahe beim Motto der Schöpfungszeit, auch ohne den Begriff «heilig» zu nennen. «Wenn Vogelarten aussterben, geht eine natürliche Geräuschkulisse verloren, die viele Menschen als schön erleben. Andere freuen sich, wenn der Mauersegler im Frühling zurückkommt. Die Feldlerche wird in Literatur und Musik häufig besungen.» Solche Argumente sind für Hürbin ebenso wichtig.

Um die Vielfalt zu erhalten, gibt die Vogelwarte viele Anregungen für die Förderung der einheimischen Vogelwelt: «Der Grünspecht hackt seine Höhle in den Baumstamm. Dazu braucht der Stamm einen gewissen Umfang.» Wer alte Bäume stehen lässt, tut dem Grünspecht also einen Gefallen. Der Mauersegler hingegen brütet gerne in einer gewissen Höhe: Er sucht Hohlräume in Mauern oder Türmen, in Dächern oder unter Ziegeln. «Solche Nischen gehen bei der modernen Bauweise oft verloren. An geeigneten Stellen lassen sich aber Nisthilfen platzieren.»

Dornen schützen vor Katzen

Doch der beste Nistplatz nützt wenig, wenn die Vogelfamilie in der Nähe keine Nahrung findet. Darum sei auch die Umgebung eines Nests wichtig. Einheimische Pflanzen und eine Vielfalt an Strukturen seien förderlich: Ast- oder Steinhaufen, so dass sich Eidechsen einnisten, Wasserflächen, Kieswege oder Pflastersteine statt Beton, damit sich Käfer in den Ritzen einfinden. Wenn man einen Garten oder Friedhof so bepflanzt, «dass von Februar bis Oktober etwas blüht», und wenn man im Winter die Beeren hängen lässt, finden die Vögel das ganze Jahr etwas zu essen. Thuja, wie man ihn oft an Friedhöfen sehe, biete Insekten nichts. Förderlicher für die Vielfalt seien einheimische Dornensträucher wie Schwarzdorn oder Hundsrose. «Diese bieten Amseln oder Rotkehlchen, die darin nisten, Schutz vor Füchsen und Katzen», sagt Hürbin.

Geduld erforderlich

Allerdings, räumt Carine Hürbin ein, brauche es Geduld. «Eine Magerwiese mit vielen insektenfreundlichen Blüten blüht vielleicht erst im zweiten oder dritten Jahr. Die Nistkästen von  Meisen seien vielleicht nicht jedes Jahr bewohnt. «Aber wer seinen Garten insektenfreundlich gestaltet oder einen Nistkasten aufhängt, setzt sich mit der Artenvielfalt auseinander, das schafft eine Beziehung, sodass man sich eher für die Artenvielfalt einsetzt», ist Hürbin überzeugt.

*Erstpublikation im Pfarrbeiblatt Luzern
 

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