Papst Franziskus

Buchtipp aus der ökumenischen Buchhandlung voirol


Für Sie gelesen. Tipp aus der ökumenischen Buchhandlung voirol


Papst Franziskus: zwei neue Bücher eröffnen neue Blickwinkel

Papst Franziskus mit Fabio Marchese Ragona: LEBEN. Meine Geschichte in der Geschichte. HarperCollins 2024, 272 S., Fr. 33.50

Der Papst erzählt die Geschichte seines Lebens anhand der Ereignisse, die die Menschheit in den letzten achtzig Jahren geprägt haben. Vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges über die Atombombe, den Kalten Krieg, den Militärputsch in Argentinien, den Fall der Berliner Mauer, die Anschläge vom 11. September bis zum Rücktritt von Papst Benedikt XVL und zur Pandemie schildert er seine Erinnerungen in ganz persönlicher Weise. Er erzählt, wie er die Mondlandung am Fernsehbildschirm verfolgt hat, und gibt einen Einblick in ein Treffen als Vorsitzender der argentinischen Bischofskonferenz mit Personen aus Wirtschaft und Politik. Vor jedem Kapitel ordnet der italienische Vaticanista Fabio Ragona die Ereignisse in einen historischen Kontext ein. Er hat lange Gespräche mit dem Papst geführt. So ist ein sehr persönliches Buch von und über Jorge Bergoglio entstanden.

Michael Meier: Der Papst der Enttäuschungen. Warum Franziskus kein Reformer ist. Herder 2024, 204 S., Fr. 27.90

Der Autor ist Theologe und hat 33 Jahre lang als Kirchen- und Religionsexperte bei der grössten Schweizer Tageszeitung «Tages-Anzeiger» (und damit auch beim Berner «Bund») gearbeitet. Sein Buch ist aus westlicher, reformorientierter Perspektive geschrieben. Das Fazit ist ernüchternd: Franziskus hat Stil und Klima der Kirche verändert, nicht aber deren Lehre und Strukturen. Er versteht sich als Seelsorger, der mit barmherzigen Gesten und Worten Reformen ankündigt. In seinen Lehrschreiben aber belässt er alles beim Alten. Die grosse Öffentlichkeit nimmt nicht wahr, dass er mit zwei Zungen spricht: als barmherziger Seelsorger in Interviews, als Hüter der Lehre in lehramtlichen Schreiben. Die zentnerschwere Tradition und Lehre ist es, die den mehr praxisorientierten und wenig intellektuellen Papst an Reformen hindert, nicht die halsstarrige Kurie. Das Buch ist eine kritische Analyse des Pontifikates. Mit grosser Detailkenntnis zeigt der Autor an den Themen «Missbrauch», «Geschlechterrollen», «Personalpolitik der Peripherie», «Synodalität», «Tauwetter mit dem Islam», «hierarchische Struktur» usw., dass tiefgreifende Reformen nur mit dem Preis eines Schismas (Kirchenspaltung) zu haben sind. Er prophezeit, dass die Kirche ihren Schwerpunkt in den Süden verlagern wird, dies jedoch keine Reform nach westlichen Vorstellungen beinhalte, weil die Kirche im Süden nicht mehrheitlich befreiungstheologisch ausgerichtet ist.

Gallus Weidele

Zum Thema im «pfarrblatt»: 
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