«Malen ist meine Leidenschaft», sagt Pia Heim. Foto: Pia Neuenschwander

Kunst kennt keine Beeinträchtigung

Inklusion in der Kunst: Im Atelier Rohling sind Kunstschaffende mit Beeinträchtigung am Werk.

Inklusion in der Kunst: Im Atelier Rohling sind Kunstschaffende mit Beeinträchtigung am Werk. Hier bekommen sie Unterstützung und Inspiration.

Sylvia Stam

«Es ist einfach ein gutes Gefühl!», schwärmt Pia Heim (46). Sie spricht von ihrem Künstlerinnen-Dasein. «Malen ist meine Leidenschaft.» An diesem Dienstagmorgen malt sie im Atelier Rohling einen Papagei. Sie hat diesen mit Bleistift gezeichnet und färbt ihn nun mit Wasserfarben ein. Als Vorlage diente ihr ein Foto aus dem Internet.

Das Atelier Rohling unterstützt seit 2011 Künstler:innen mit geistiger oder psychischer Beeinträchtigung. Die Wände im Raum im Progr in Bern hängen voller Zeichnungen und Gemälde, der Boden ist übersät mit farbigen Tupfern und Spritzern. Sieben Tische stehen zum Arbeiten zur Verfügung.

Eichhörnchen, Panther und Zebra

Pia Heim zeigt weitere Bilder mit Blumen- und Tiermotiven. «Blumen erinnern mich an meine Mutter, sie hatte gern Blumen», erklärt sie. Auch sie selbst liebt die Natur, deshalb malt sie gern Tiere, zum Beispiel ein Eichhörnchen.


«Ich habe gezeigt, wie man Wasserfarben verlaufen lassen kann, aus diesen Figuren ist Pias Eichhörnchen entstanden», erklärt Eva Rekade (43), Künstlerin und Kunstvermittlerin im «Rohling». Sie gibt Inputs und vermittelt Techniken mit dem Ziel, dass die Künstler:innen sich weiterentwickeln können.

Celine Hostettler (33) hat einen kleinen Plastikpanther vor sich stehen, den sie mit Filzstiften abzeichnet und mit Wasserfarben ausmalt. Sie malt zügig und zielgerichtet, sie spricht wenig. Als mehrere Pantherbilder fertig sind, holt sie sich aus einer Reihe Plastiktiere ein Zebra. «Beim Zebra könntest du die Streifen mit schwarzer Kreide malen», schlägt Eva Rekade vor. Celine Hostettler nickt.


Ob die Künstler:innen ihre Inputs aufnehmen, lässt die Kunstvermittlerin offen. «Ich gebe ihnen Anregungen, damit sie sich für Neues öffnen können. Aber ich gebe nichts vor», so Rekade. Malen lenkt ab Philomena Heinel (28) bemalt einen Plastikkanister mit Blumenmustern. Dazu benutzt sie Acrylfarben.

«Ich arbeite im Humanus-Haus in der Küche», erzählt die junge Künstlerin. Dort wurde dieser Essigkanister geleert. Philomena Heinel malt, seit sie Kind ist, «vor allem, wenn ich nicht so zwäg bin. Dann lenkt es mich ab, ich kann runterfahren.» Sie malt auch zu Hause, aber hier «werde ich inspiriert und angeleitet».


Das Atelier, das sich an bildende Künstler:innen richtet, versteht sich als Kunstagentur. «Wir vertreten die Künstler:innen nach aussen, schreiben sie bei Wettbewerben aus und unterstützen sie darin, dass sie nicht nur im Bereich der Institutionen für Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern auch im Kunstbereich und in Museen ausstellen können», erklärt Sophie Brunner (41), Leiterin des Ateliers.

«Einer der elf Kunstschaffenden, die im Atelier verkehren, wurde vor Kurzem als erster Künstler mit Beeinträchtigung in den Berufsverband der Künstler Visarte Schweiz aufgenommen», erzählt Sophie Brunner. Lehrgang für angehende Kunstschaffende Um weiteren Leuten den Zugang zur Kunst zu ermöglichen, startet Mitte August erstmals die Rohling-Akademie.

Dieses niederschwelligere Angebot richtet sich an Menschen mit Assistenzbedarf, die «sich künstlerisch ausprobieren wollen», sagt Eva Rekade, die die Akademie leiten wird. Nebst Impulsen und Anregungen sind Begegnungen mit Studierenden der Hochschule der Künste Bern geplant. Pia Heim, die in ihrem Kunstschaffen schon weiter ist, wird Eva Rekade assistieren. «Ich freue mich darauf», sagt sie stolz.
 

In der Akademie Rohling sind noch Plätze frei. Infos finden Sie hier.

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