Selbstbewusste Synodale: Helena Jeppesen-Spuhler in Rom. Foto: zVg.

Helena Jeppesen-Spuhler: «Ein päpstliches 'no basta' wird nicht akzeptiert»

Die Weltsynode erwirkt Rechenschaft in der Frauenfrage.

Der Vatikan hat dem Frauendiakonat am Anfang der Weltsynode eine Absage erteilen wollen. Doch die Synodalen nahmen das nicht hin, forderten vatikanische Rechenschaftspflicht und setzten sich durch. Helena Jeppesen-Spuhler sieht in diesem Erfolg ein Zeichen für den Kulturwandel.

Annalena Müller

«pfarrblatt»: Zur Eröffnung der Synode hat der oberste Glaubenshüter des Vatikans zum Frauendiakonat gesprochen. Es kursieren verschiedene Versionen der Rede - hat Rom dem Frauendiakonat eine Absage erteilt oder nicht?

Helena Jeppesen-Spuhler: In seiner Rede zur Synode hat Kardinal Fernandez, Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, die Tür nicht ganz zugemacht. Die vom vatikanischen Pressebüro veröffentliche schriftliche Version ist ausführlicher und strikter. Aber das, was Fernandez mündlich gesagt hat, war offener.

Warum schickt der Vatikan direkt zum Anfang der Synode eine solche Message und erteilt einem Kernanliegen der Synode eine Absage – und rudert dann zurück?

Jeppesen-Spuhler: Ich glaube, dass wir hier die zwei unterschiedlichen Kulturen spüren, die im Vatikan dominieren. Die einen sagen: «Wir sind die Dikasterien und wollen das letzte Wort haben». Und die anderen sagen: «Wir arbeiten jetzt synodal». Und das heisst, alles, was aus den Dikasterien kommt, muss wieder in die Synode gehen. Vielleicht wollte Kardinal Fernandez aber auch die Stimmung testen.

Wo steht Papst Franziskus in all dem?

Jeppesen-Spuhler:  Der Papst hat das ja irgendwie gutgeheissen. Also, er hat gewisse strittige Themen – darunter eben auch die Frauenfrage – im Frühjahr in Kommissionen ausgelagert. Und auch die Präsentationen der Kommissionen bei der Synodeneröffnung hatten sein Placet. Aber diese Entwicklung hat viele Mitglieder der Synode irritiert und wir haben jetzt gesagt: «So geht das nicht.»

Und der Protest der Synode war tatsächlich erfolgreich…

Jeppesen-Spuhler: Genau. Bei der Frauenfrage hat die Synode wirklich so eine Art Rechenschaft verlangt. Denn die Themen der Kommissionen kommen ja direkt aus der Synodenversammlung 2023. Dass wir uns dazu nicht mehr direkt einbringen können, wollten wir nicht akzeptieren. Und der Vatikan hat reagiert: Am 18. Oktober werden die Koordinatoren der Studiengruppen sich den Fragen der Synodenmitglieder stellen.

Wie wird das ablaufen?

Jeppesen-Spuhler: Ich weiss noch nicht, wie es methodisch ablaufen wird. Ich nehme an, in Gruppengesprächen. Und dass wir Synodenmitglieder mit den Verantwortlichen für die jeweiligen Themen werden sprechen können. Also das Thema Liturgie zum Beispiel interessiert mich weniger, ich werde mich sicherlich in der Frauenfrage einbringen. Das Thema ist ein Kernanliegen der Schweizer Delegation.

Der Papst hat seine Ablehnung des Frauendiakonat im CBS Interview im Mai dieses Jahre klar geäussert. Kardinal Fernandez folgt dieser Meinung in seinem Rapport. Und nun haben Synodale durchgesetzt, dass hohe vatikanische Beamte zum Rapport erscheinen. Ist dieses Ringen, das wir aktuell beobachten können, Teil eines Kulturwandels?

Jeppesen-Spuhler: Ja, das ist mein Eindruck. Ich bin sehr gespannt, was nun passiert. Aber dass es am 18. zum Gespräch kommt, das ist schon ein Kulturwandel.

Was wünschen Sie sich für dieses Treffen von Synode und Kommissionsvertretern?

Jeppesen-Spuhler: Ich wünsche mir so viele mutige Stimmen, wie ich sie hier in den letzten Tagen gehört habe. Zum Beispiel hat eine Ordensfrau aus dem Nahen Osten formuliert: «Wenn Papst Franziskus sagt, die Frage sei nicht reif, dann soll er sagen, aus welchen Gründen.» Und wir müssen wir eine Möglichkeit erhalten, uns zu diesen Gründen zu äussern. Natürlich hat der Papst den Primat, aber er muss seine Entscheidung begründen. Das will die Synode jetzt. Ein päpstliches «no basta» wird von vielen nicht mehr akzeptiert.
 

*Helena Jeppesen-Spuhler ist eine der zehn europäischen «Nichtbischöfe» und eine von 54 stimmberechtigten Frauen, die vom Papst in die Weltsynode berufen wurden. Die Aargauerin arbeitet seit über 20 Jahren bei «Fastenaktion».
 

Zehn Kommissionen

Im März 2024 hat Papst Franziskus zehn Studiengruppen eingerichtet, die besonders umstrittenen Themen der ersten Synodenrunde im Oktober 2023, eingehender untersuchen sollen. Die zweite Synodenrunde im Oktober 2024 sollte, nach Willen des Papstes, eigentlich gar nicht mehr diskutieren.

Die Aufgabengebiete

1. Verhältnis zwischen katholischen Ostkirchen und der lateinischen Kirche
2. Armut
3. Mission in der digitalen Welt
4. Priesterausbildung
5. Frauen
6. Beziehung zwischen Bischöfen und religiösen Gemeinschaften
7. Gestalt und Dienst des Bischofsamts
8. Rolle päpstlicher Beauftragte (Nuntien)
9. Theologische Kriterien und synodale Methoden für eine gemeinsame Unterscheidung von kontroversen Fragen
10. Ökumene

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