Die Schweizer Bischöfe Anfang September in St. Gallen. Foto: SBK

Bischofskirche ohne Bischöfe: St. Gallen und Co. fehlen Kandidaten

Priestermangel ist ein katholisches Dauerthema. Die Suche nach Bischofskandidaten in St. Gallen zeigt: Das Problem betrifft auch die höchsten Ämter.

Der Priestermangel ist ein Dauerthema in der katholischen Kirche. Bisher lag der Fokus vor allem auf der Gemeindearbeit. Doch die Suche nach Bischofskandidaten im Bistum St. Gallen zeigt: Das Problem betrifft auch die höchsten Ämter. Wie sieht es im Kanton Bern und im Bistum Basel aus?

Magdalena Thiele

Wenn in St. Gallen ein neuer Bischof gewählt wird, hat das zunächst wenig mit Bern zu tun. Wäre da nicht eine kleine Randnotiz, die über die Kantonsgrenzen hinaus aufhorchen lässt.

Mangels Kandidaten: St. Gallen wendet sich an Rom

Mitte August erklärte der Generalvikar des Bistums St. Gallen, Guido Scherrer, in «Schweiz aktuell»: Man überlege, den Kreis der wählbaren Personen zu erweitern. Kircheninterne Kreise bestätigten: Ein entsprechender Antrag sei bereits nach Rom gesandt worden.

Auf Nachfrage des «pfarrblatts» wollte das Bistum St. Gallen dies weder bestätigen noch dementieren. «Eine Öffnung der Wahl ist besprochen, aber noch nicht entschieden», teilte Bistumssprecherin Isabella Awad schriftlich mit. Zu einem späteren Zeitpunkt werde sie mehr dazu sagen. Auch die Beweggründe für diesen Schritt wolle man derzeit nicht offenlegen.

Priestermangel erreicht höchste Etage

Die Beweggründe sind hingegen naheliegend: Es gibt nicht genügend Kandidaten, die für das höchste Amt im Bistum in Frage kommen. Mit anderen Worten: Der Priestermangel hat die oberste Führungsebene erreicht.

Eine Entwicklung, die sich nicht nur in der Ostschweiz abzeichnet. Auch im Bistum Basel, zu dem Bern gehört, wäre die Auswahl potenzieller neuer Bischöfe denkbar knapp. Warum? Wie in St. Gallen ist auch im Bistum Basel die Bischofswahl durch ein Konkordat – einen völkerrechtlichen Vertrag mit dem Heiligen Stuhl – geregelt. Und dieser erlaubt nur Kandidaten aus dem Basler Diözesanklerus.

Konkordat regelt Bischofswahl

Das Konkordat für das Bistum Basel stammt aus dem Jahr 1828. In Artikel 12, Absatz 1 heisst es: «Das Domkapitel kann nur Priester aus dem Basler Diözesanklerus als Bischof des Bistums Basel wählen.» Das bedeutet, es kommen nur Priester in Frage, die im Bistum Basel inkardiniert sind, also dort die Priesterweihe empfangen haben.

Ähnliche Konkordate regeln auch die Bischofswahlen in den Bistümern St. Gallen und Lugano. Das Bistum Lugano wird seit dem Rücktritt von Bischof Valerio Lazzeri im Jahr 2022 von Alain de Raemy verwaltet. Da de Raemy nicht im Bistum Lugano, sondern in der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg beheimatet ist, kann er formal nicht Bischof von Lugano werden.

Die Konkordate schliessen Priester, die nicht im jeweiligen Bistum geweiht wurden, von der Bischofswahl aus. Auch Ordenspriester, die einem Orden und nicht dem Diözesanklerus angehören, sind vom Ausschluss betroffen. In St. Gallen möchte man künftig Ordenspriester bei der Wahl berücksichtigen dürfen, um den kleinen Kandidatenkreis angesichts des fehlenden Nachwuchses etwas zu erweitern.

Blick in die Pastoralräume

Wie sieht die Situation auf regionaler Ebene, genauer im Kanton Bern aus? Eine Nachfrage bei den Pastoralräume ergibt: Lediglich sieben der zweiundzwanzig fest angestellten Priester sind im Bistum Basel inkardiniert. Manuel Simon, Gemeindeleiter der Pfarrei Maria Himmelfahrt in Burgdorf, sagt gegenüber dem „pfarrblatt“: Im Raum Emmental stehen derzeit zwei nicht-schweizerische Vollzeitpriester zur Verfügung. Ein weiterer Priester ist zwar im Bistum inkardiniert, aber bereits pensioniert. Der Pastoralraum Emmental wird zudem von Georges Schwickerath – einem Bischofsvikar aus Luxemburg – betreut, der jedoch in der Regel nicht vor Ort präsent ist.

Minderheit im Bistum inkardiniert

Ähnlich sieht die Situation im Berner Oberland aus. Von vier Priestern und einem Kaplan, die regelmässig die Gemeinden betreuen, sind nur zwei im Bistum inkardiniert. Im Pastoralraum Seeland gibt es derzeit nur Aushilfen, teilt die dortige Kommunikationsstelle auf Anfrage mit. Die Zahlen zeigen: Nur sieben von zweiundzwanzig – also ein Drittel – der Priester sind im Bistum Basel inkardiniert.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wie sinnvoll ist die Inkardinations-Regelung heute noch? Das Bistum Basel zeigt sich angesichts der aktuellen Zahlen und des Priestermangels unbeeindruckt. Bistumssprecherin Barbara Melzl erklärt auf Anfrage: «Die Voraussetzungen sind im Konkordat geregelt. Eine Änderung ist derzeit kein Thema.»

Das Bistum Basel hat mit Felix Gmür einen jungen Bischof und kann sich dies vermeintlich leisten. Doch ein Blick nach St. Gallen, wo der Mangel an Bischofskandidaten akut ist, zeigt, dass diese Situation auch im Bistum Basel Realität werden könnte.

 

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